Der Tod des Kammerherrn

Beschreibung

Einem Sherlock Holmes wären die Ermittlungen in diesem Mordfall ebenso auf den Leib geschrieben wie einem Hercule Poirot. Das grausige Verbrechen geschah aber bereits im Eutin im frühen 19. Jahrhundert. Das Opfer war ein königlich-dänischer Minister, und es gab gleich zwei Verdächtige. Erich Maletzke hat sich durch die mehr als 700 Seiten umfassenden Original-Prozessakten gearbeitet, die im Schleswiger Landesarchiv verwahrt werden. Sein literarisches Ermittlungsergebnis hat er auf 140 Seiten komprimiert. In dem Buch wird die spannende historische Mordgeschichte nicht nur wieder lebendig, sondern aus der Distanz von 160 Jahren auch - unter Verwendung der überlieferten Tatsachen - neu bewertet.

Informationen

Seiten: 140
Verlag: Malik Regional Verlag Kiel
Ausstattung: Gebundene Ausgabe
Erscheinungsdatum: 1991

Leseprobe

Das Eutin in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts war nicht mehr das „Weimar des Nordens“. Die Dichter, Übersetzer und Maler, die einst den fürstbischöflichen Hof geschmückt hatten, waren gestorben. Der Großherzog hatte die geistliche Hälfte seines Titels verloren, aber Besitz hinzu bekommen.

Nachdem der Hauptregierungssitz des Herzogtums Lübeck-Oldenburg nach Oldenburg verlegt worden war, wurde Eutin mit seinen etwa 2500 Einwohnern zu einer Sommerresidenz degradiert, besaß aber noch wichtige Behörden und ein prächtiges Schloss. Und in dieser Idylle geschah am Abend des 21. Februar 1830 ein Mord, der in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich war. Zum einen wurde eine bekannte Persönlichkeit erschlagen, nämlich ein königlicher Minister, zum anderen geschah die Tat in einer Umgebung, wie sie ansonsten nur von klassischen Kriminalautoren ersonnen wird: in einem von der Außenwelt weitgehend abgeschlossenen, dazu noch verschneiten Garten hinter dem Haus des Opfers. Ein Sherlock Holmes oder ein Hercule Poirot hätten natürlich den Kreis der Verdächtigen schnell abgegrenzt und den Täter entlarvt.

Auch im vorliegenden Fall schien die Suche nach dem Mörder eine leichte Aufgabe zu sein, zumal die staatlichen Autoritäten größte Anstrengungen unternahmen, den grausamen Tod des königlich-dänischen Ministers so schnell wie möglich zu sühnen.

Wegen der Besonderheit dieses Verbrechens wurden schon 1837 ein großer Teil der Ermittlungsergebnisse sowie die Urteile aus zwei Instanzen veröffentlicht. Diese Publikation ist jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten.

Herausgeber dieser Sammlung von fast 700 Seiten war der Assessor W. Wibel, Bediensteter der Großherzoglichen Oldenburgischen Justizkanzlei in Eutin. Er war zugleich Mitglied des Untersuchungsgerichts, in dessen Händen die Vernehmung der beiden Hauptverdächtigen lag.

Den nahe liegenden Verdacht, dass er als Beteiligter an dem Prozess bei der Auswahl der veröffentlichten Akten befangen gewesen sein könnte, zerstreut er mit dem Hinweis, dass er der Untersuchungskommission erst ab 1833 angehört habe, also zu einem Zeitpunkt, als die Vernehmung der beiden Inhaftierten und aller Zeugen bereits abgeschlossen war.

Und der Assessor Wibel ist in der Tat mit Fingerspitzengefühl an die öffentliche Darstellung des Falles herangegangen. Dies zeigt sich daran, dass er mit Ausnahme des Opfers sowie der engsten Familienangehörigen sowohl die Verdächtigen als auch alle anderen Mitglieder des Haushalts nur mit dem Vornamen und dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens nennt.

In den Originalakten, die sich im Schleswiger Landesarchiv befinden, sind natürlich die vollen Namen enthalten. Wir wissen somit, dass die beiden Hauptverdächtigen Jasper Dietrich Wisser und Christian Koch hießen.

In dem vorliegenden Buch ist jene merkwürdige und spannende Mordgeschichte nicht nur geschildert, sondern auch aus der Distanz von 160 Jahren bewertet worden. Teilweise sehr subjektiv, aber immer unter Verwendung von Tatsachen.

Gewählt wurde eine Erzählform, die sprachlich an eine Epoche erinnern soll, die zwar überwunden ist, aber dennoch in mancher Hinsicht die Gegenwart berührt.

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