Vincenzos Grappa-Gruft
und andere Geschichten aus dem Tal der Lerrone
Beschreibung
An einen kleinen Ort in Ligurien hat Erich Maletzke sein Herz verloren, d. h. eigentlich mehr an die Menschen dort denn an die Landschaft. Nicht dass etwas Ungewöhnliches mit diesen Menschen wäre – nein, sie bewältigen einfach ihren Alltag, jenseits italienischer Tourismusklischees, streiten und diskutieren, mögen oder meiden sich. Menschen eben. Genau das macht die Porträts so spannend, ihre Authentizität und Aufrichtigkeit, gepaart mit Humor und Sympathie. Vom Geheimtipp-Elektriker Alberto bis zum eigenbrötlerischen Zio, der gerne von seiner nicht existenten Frau erzählt: besondere Originale besonders beschrieben.Informationen
Seiten: | 128 |
---|---|
ISB-Nummer: | 978-3-940926-40-1 |
Verlag: | ihleo Verlag |
Ausstattung: | Gebundene Ausgabe |
Erscheinungsdatum: | Januar 2015 |
Leseprobe
Alberto, der Geheimtipp
Wie nur kommt ein großer blonder Wikinger nach Italien?
Porca miseria, porca madonna. Albertos Ankunft wird durch eine Lawine von Verwünschungen begleitet.
Alles scheint ihm schwerzufallen. Schon auf den ersten Treppenstufen hört man ihn stöhnen, jammern und fluchen. Wer ihn zum ersten Mal ins Haus lässt, könnte vermuten, einer jener ewig übel gelaunten, übergewichtigen und von Terminen gehetzten Handwerker habe sich widerwillig auf den Weg zu einem ungeliebten Kunden gemacht.
Und dann steht plötzlich ein durchaus fröhlich lächelnder Hüne auf der Türschwelle. Alberto, l’elettricista.
Allerdings kein gewöhnlicher Elektriker mit Werkstatt, Mitarbeitern oder gar Auftragsbuch. Alberto gibt es gar nicht, jedenfalls nicht als Handwerker.
Sein Name steht in keinem Telefonbuch und in keinem Branchenverzeichnis, sondern er wird als Geheimtipp mit Handy-Nummer per Mundpropaganda weitergereicht. Mit ähnlich verschwörerischem Unterton, wie die Anschrift einer Wahrsagerin oder der alten Frau verraten wird, die durch Handauflegen Schmerzen lindert.
Es wäre allerdings höchst ungerecht, Alberto auch nur in die Nähe von Kurpfuschern zu rücken. Er versteht sein Handwerk, auch wenn der erste Auftritt täuschen mag.
Das Auto, in dem er vorfährt, kann er nur im allerletzten Augenblick vor dem verdienten Ende in der Schrottpresse gerettet haben, und sein Werkzeug trägt er in zwei Plastiktüten. Niemand – schon gar nicht die Guardia Finanzia – käme allerdings auf den Gedanken, da sei jemand auf dem Weg zur Schwarzarbeit. Gekleidet ist Alberto nämlich in lässiger Eleganz, wie ein Urlauber, der kurz vor Antritt der Bildungsreise noch einige Besorgungen getätigt hat.